Askania Nova, eine Oase in der Steppe Tauriens

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Scheinbar endlos erstreckte sich die flache Siwaschsteppe noch im 19. Jahrhundert von Saporoschschja bis zum Siwasch, von Melitopol bis Cherson. Wenige Straßen nur durchzogen die eintönige baumlose Landschaft. Windschiefe Kaschemmen an den Kreuzungen warteten auf Händler, Hirten und Reisende von und zur Krim.

Mitten in dieser Einöde, 40 Kilometer nordöstlich der Landenge von Perekop lag eine Senke von 5 bis 7 Kilometer Durchmesser im sonst völlig flachen Land. Aller 10 bis 15 Jahre, wenn die Frühjahrsniederschläge stark genug waren, füllte sie sich mit deren Wassern, die erst im Laufe von 2 Jahren allmählich verdunsteten und versickerten. So entstand regelmäßig für kurze Zeit ein von zahlreichen Vögeln bevölkertes Sumpfgebiet.

Hier im Steppengebiet der pontischen Niederung zwischen Dnjepr, Asowschem Meer und der Krim erwarb im Jahre 1828 Herzog Ferdinand von Anhalt-Köthen 47148 Desjatinen (ca. 51509 ha) vom Zaren Nikolaus I., um eine Merinoschafzucht aufzubauen. Dem Kerngut im Zentrum dieses Dreiecks gab man den Namen Askania Nova zu Ehren des Adelsgeschlechts der Askanier, deren Titel das Herzogtum Anhalt seit 1330 in ihrem Besitz führte.

Doch seine Versuche, hier erfolgreich Viehwirtschaft zu betreiben, scheiterten und so verkaufte er das Gut 1856 an den ebenfalls deutschen Gutsbesitzer F. J. Fein. Dessen Tochter heiratete J. J. Falz und brachte Namen und Besitz in diese Ehe.

Erfolgreicher als der Herzog begründete ein Enkel aus dieser Verbindung, Friedrich Eduardowitsch Falz-Fein hier mitten in der Steppe einen zoologischen und botanischen Liebhaberpark, der bald das Interesse der in- und ausländischen Öffentlichkeit auf sich ziehen sollte. Seit 1866 wurde über den Ankauf seltener und wertvoller Tierarten verhandelt. Basis für das Betreiben der Anlage in Askania Nova bildete der erste auf südrussischem Territorium in Betrieb genommene artesische Brunnen im Jahre 1887, für dessen Bau eigens ein Spezialist aus England engagiert wurde. Der Tierpark beherbergte zu dieser Zeit 32 verschiedene Arten Vögel sowie einen jungen Bären, einen Hirsch, ein Reh und einen weißen Hasen. Im Jahre 1888 kamen die ersten ausländischen Tiere: drei Hirschziegenantilopen, ein Paar Bennet-Känguruhs sowie ein Paar Nandus nach Askania Nova.

Es sollte nicht lange dauern, und das kühne Experiment Friedrich Eduardowitschs zog die Aufmerksamkeit eines interessierten Fach- und Laienpublikums auf sich. Renommierte Gelehrte nutzten die Möglichkeiten des Parks in Taurien für ihre Experimente, die Besucherzahlen stiegen, Erfolge auf den Allrussischen Tierausstellungen in den Jahren 1908, 1910 und 1911 blieben nicht aus.

Ein besonderes Augenmerk richtete Friedrich Falz-Fein in Askania Nova auf die Bewahrung des letzten Stückes Federgrassteppe in Europa. Ihm war bewusst, dass die Steppe durch die zunehmende Besiedlung und intensivere agrarische Nutzung mit allen ihr zugehörigen Tier- und Pflanzenarten zum Untergang verurteilt war. Um dies zu vermeiden beschloss er, den Steppenanteil seines Besitzes unter Schutz zu stellen, ihn durch Übergangszonen abzugrenzen und somit der Nachwelt zu erhalten.

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Zwar brachten Revolution und kommunistische Machtübernahme das Ende des Imperiums der Familie Falz-Fein in der Ukraine, nicht aber für Askania Nova. Zum Glück erkannten die neuen Machthaber die große nationale und internationale Bedeutung des Gutes in der Steppe. So wandelte sich Askania Nova vom volkseigenen Gut über einen volkseigenen Naturschutzpark, zu dem es 1919, noch vor Ende des blutigen Bürgerkrieges, wurde, zum "Allunionsinstitut für Akklimatisierung und Hybridisierung von Tieren" - damit genau die falz-feinsche Linie fortsetzend. 1956 wurde der Tierpark Teil des Instituts, Bestand und Fläche wesentlich erweitert.

Die Besonderheit liegt in der Beschränkung auf wenige Arten wie Huftiere und Flach- und Kielbrüstige Vögel, bei großer Varianzbreite innerhalb derselben. Ziel der Forschung ist dabei die Schaffung neuer ertragreicher und den klimatischen Bedingungen angepasster Schaf-, Schweine- und Rinderrassen.

Heute unter neuen Verhältnissen beginnt nach und nach auch der Tourismus eine bedeutende Rolle zu spielen. Das Kapital Askania Novas ist das umliegende Steppenreservat, in dem innerhalb eines weiten Gebietes die ursprüngliche taurische Landschaft unter strengen Auflagen erhalten wird. Diese dient gleichzeitig einem Teil des Tierbestandes als offene Weidefläche. Und damit bietet sich in Askania Nova die Möglichkeit, bei Safaris im Jeep oder auf dem Pferderücken Bewohner der weltweiten Steppengebiete wie Saiga- (Saiga tatarica) und Oryxantilopen (Orix beisa), Bisons (Bison bison), Zebras (Equus quagga), Kudus (Tragelaphus strepsiceros), Afrikanische Büffel (Syncerus caffer) und viele andere in freier Wildbahn zu erleben.

Bis heute ist man besonders stolz auf die in Askania Nova angesiedelten asiatischen Wildpferde (Equus przewalskii), deren erste Exemplare im Jahre 1899 unter schwierigsten Umständen im Steppenreservat eintrafen und deren Art man so vor dem Aussterben retten konnte, da sie in den folgenden Jahrzehnten in ihrer ursprünglichen Heimat der Mongolei ausgerottet wurden. Im Jahre 1992 konnten die Przewalski-Pferde unter begeisterter Anteilnahme der mongolischen Bevölkerung dort wieder angesiedelt werden.

Im Jahre 1985 wurde das Steppengebiet von Askania Nova in das weltweite Programm zu schützender Biosphärenreservate der UNESCO "Man and Biosphere" (MAB) aufgenommen und steht so in einer Reihe mit den berühmtesten Biosphärenreservaten wie beispielsweise dem Serengeti Nationalpark in Tansania und dem Yellowstone Nationalpark in den USA. Es umfasst insgesamt ca. 33.000 ha, davon gehören ca. 11.000 ha zur Kernzone, die sehr strengen Auflagen zum Schutz der einzigartigen Federgrassteppe unterliegt, und ca. 6.600 ha zur Pufferzone, in der eine eingeschränkte Bewirtschaftung gestattet ist.

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