Ukraine
Unterwegs im zweitgrößten Land Europas
Die politische Enklave in Moldawien
Die weitestgehend unbekannte und touristisch noch unerschlossene Region Transnistrien begreift sich als eigener Staat, gelegen zwischen Moldawien, der Ukraine und Rumänien. Das Land ging nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion aus einem Konflikt mit der Region Moldau hervor. Heute präsentiert sich das, von der UN nicht anerkannte, Transnistrien als liebenswertes Relikt aus einer vergessenen Ära.
Eine Reise nach Transnistrien ist ein ganz besonderes Erlebnis. Es lohnt sich ein Kurztrip von Chisinau oder der Ukraine aus für einen Tag, oder eine Rundreise durch das freundliche Land, das eine ganz eigene Kultur verteidigt.
Transnistrien blickt auf eine bewegte Geschichte zurück, die sich Reisenden vor allem in der besonderen Architektur und Atmosphäre zeigt. 2001 gründete sich die "Gemeinschaft nicht anerkannter Staaten", ein Verbund von Ländern, die nach dem Zerfall der Sowjetunion völkerrechtlich und wirtschaftlich auf der Strecke blieben. Eines davon ist Transnistrien. 1992 beendete Boris Jelzin in Gesprächen mit dem damaligen Präsidenten der Republik Moldau den zweijährigen Krieg zwischen Moldawien und den Separatisten Transnistriens. Die Region erklärte sich dadurch zur eigenständigen Republik. Anerkannt wurde diese nie und ist auch heute Teil Moldawiens. So ganz kam Transnistrien politisch jedoch nie zur Ruhe. Als Russland nach einem Abkommen der OSZE und NATO seine Truppen aus der Region Moldau abziehen sollte, stellte sich Transnistrien auf die Seite Moskaus. Heute sieht sich der Kreml als Schutzpatron und stationiert in Transnistrien eine große Anzahl Soldaten, die jedoch vor allem mit ihrer Präsenz für Sicherheit sorgen. Diese Schwankungen waren immer wieder Anlass zu Reisewarnungen, die jedoch seit gut zehn Jahren vollkommen aufgehoben sind. Transnistrien ist sicher und freut sich auf Besucher.
Das Leben im kleinen Transnistrien findet in großen Teilen um die Hauptstadt Tiraspol herum statt. Fast zwei Drittel der Bevölkerung lebt in dieser Region. Ingesamt leben in Transnistrien rund eine halbe Million Menschen. Abseits von Tiraspol ist das Leben sehr ländlich geprägt. Wäre Transnistrien als Republik anerkannt, so Beobachter, wäre es das ärmste Land Europas. Die Landbevölkerung lebt von rund 30 Rubel am Tag, etwa drei Euro. Und so wird der typische Charme der Sowjetzeit, den das Land versprüht, auch dadurch getragen, dass sich optisch seit den 70er-Jahren in Transnistrien nichts verändert hat. Die Transnistrier bewahren seither ihr sowjetisches Erbe.
Transnistrien lebt von der Metall- und Möbelindustrie. In Transnistrien befanden sich bis 1992 die großen Schwerindustriebetriebe der Republik Moldau. Der alltägliche Handel mit Lebensmitteln findet in Transnistrien oft noch auf Marktplätzen statt. In Tiraspol werden Waren in einer Markthalle angeboten, Gemüse und Obst stammen hier frisch vom Bauern, ebenso wie Honig, Eier, Milch- und Fleischprodukte. Die Transnistrier sind stolz auf ihre Agrarwirtschaft, lediglich ihren Fisch importieren sie aus dem ukrainischen Odessa.
Tiraspol, die Hauptstadt des Landes, liegt im Süden Transnistriens, umgeben von Wäldern und Feldern. Im 18ten Jahrhundert durch den russischen Feldherrn Suworow unter der Herrschaft der Zarin Katharina II. als Festung gegründet, war die Geschichte der Stadt später stets durch Handel geprägt. Heute leben rund 150.000 Menschen in Tiraspol und weitere 200.000 im Umland von Tiraspol. Flächenmäßig ist die Stadt relativ klein, verglichen mit anderen europäischen Hauptstädten, und lässt sich an einem Tag touristisch erschließen.
Die Stadt erkundet man am besten zu Fuß oder mit den - meist pünktlichen und günstigen - Linienbussen. Die meisten Sehenswürdigkeiten der Stadt finden sich nahe der Straße des 25. Oktobers und der Lenin-Straße. Der sowjetische Revolutionär ist hier im Straßenbild noch allgegenwärtig. Die größte Lenin-Statue in Tiraspol steht vor dem Parlamentsgebäude, dem Sitz der transnistrischen Regierung, dessen Architektur ebenfalls an die längst vergangene Sowjetära erinnert. Auch über den Kriegsdenkmälern auf dem Marktplatz gegenüber wehen sowjetische Fahnen. Ein T-34 Panzer erinnert an die Schlacht von Stalingrad. Neben ihm finden sich weitere Denkmäler für die Gefallenen der transnistrischen und moldawischen Kriege, so wie eine Ewige Flamme, welche an die Befreiung der Stadt während des Zweiten Weltkrieges im Jahr 1944 erinnert. In sowjetischer Tradition sind die Monumente und Gebäude der Stadt groß und beeindruckend. Die Reiterstatue des Stadtherren Alexander Suworow, 1979 zum 250ten Jubiläum der Stadt errichtet, thront mit einer Höhe von über 10 Metern über der Stadtmitte und zierte als Wahrzeichen schon zahlreiche Gedenkmünzen und Banknoten.
Der Sheriff-Stadionkomplex zählt ebenso zu den sehenswerten Gebäuden der Stadt wie die Orthodoxe "Weihnachtskirche" in der Shevchenko-Straße mit ihren strahlend vergoldeten Türmen. Das Staatstheater für Drama und Komödie wurde 1930 eröffnet und bis 2005 aufwändig modernisiert. Wie viele Gebäude der Stadt ist es im neoklassizistischen, schnörkellosen Stil erbaut und war eines der ersten Theaterhäuser der moldawischen Region. Regelmäßig werden russische zeitgenössische und klassische Stücke aufgeführt. Auch das Nachtleben kommt in Tiraspol nicht zu kurz. Clubs wie der "Vintage Dance Club", "Plazma Club" und "Club No.19" laden zum Feiern und Livemusik genießen ein. Alkoholische Getränke sind meist sehr günstig.
Überall in Tiraspol finden sich tolle Fotomotive. Ob vor der riesigen Suworow-Statue, in einem der zahlreichen Parks, oder vor den Denkmälern der Stadt. Bei schönem Wetter und im Sommer bis zu 25 Grad lohnt sich der Bummel durch die Stadt und ein Stopp in dem einen oder anderen Straßencafé. Etwas abseits der Stadt liegt die Festung von Bender, die einen tollen Blick über die grün bewaldete Landschaft Transnistriens bietet und auch die ursprünglichen und malerischen kleinen Dörfer im Umland sind einen Besuch wert.
Transnistrien ist touristisch nicht besonders erschlossen und bietet keine große Tourismusindustrie für Pauschalurlauber. In Tiraspol und Umgebung gibt es Hotels und Unterkünfte zu teils sehr günstigen Preisen. Ein hoher Luxusstandard sollte hier nicht erwartet werden. Doch das Land gibt sich große Mühe, für Touristen und Besucher attraktiv zu sein und zeigt sich in den Hotels von seiner modernen und gastfreundlichen Seite. Ein Aufenthalt in Tiraspol ist geprägt von einer gemütlichen, für eine Großstadt untypisch ruhigen Atmosphäre. Die Transnistrier sind freundlich und offen gegenüber europäischen Touristen. Unsere deutschsprachigen Reiseführer zeigen Ihnen die schönsten und interessantesten Sehenswürdigkeiten der Stadt. Kommunikation auf Englisch ist kein Problem. Gerade die junge Bevölkerung spricht meist ein sehr gutes Englisch. Besucher, die sich auf Russisch verständigen können, sind den Einwohnern noch lieber und erhalten oft Vergünstigungen.
Tiraspol und Umgebung sind für Touristen absolut sicher. Taschendiebstähle, Überfälle und andere Delikte finden dank ständiger Polizeipräsenz sehr selten statt. Korruption ist der einzige Faktor, der das Reisen unbequem machen kann. Sowohl an den Grenzen, als auch durch die Polizei in den Städten, werden Reisende immer wieder angehalten, Gebühren zu erstatten. Vor solchen Problemen bewahren Sie jedoch unsere deutschsprachigen Reiseführer, die die Kommunikation mit den Behörden übernehmen.
Der Transnistrische Rubel ist die offizielle Währung des Landes. Es ist einfach Euro, Dollar und andere starke Währungen vor Ort in Rubel umzutauschen. Anders herum gibt es oft Schwierigkeiten. Geld sollte man daher nur so viel umtauschen, wie wirklich benötigt wird. In den meisten Geschäften ist die Zahlung per Euro möglich. In Transnistrien und der Region um Tiraspol bewegt man sich idealerweise über das öffentliche Busnetz fort. Die Busse verbinden alle wichtigen Städte und Orte. Die Oberleitungsbusse von Tiraspol fahren auch Bendery und Parkany an. Alle Ziele abseits des Liniennetzes erreicht man am besten per Marschrutka, Kleinbus-Taxis, die mehrere Reisende gleichzeitig zu ausgewiesenen Orten bringen.
Dem Kurztrip von der Ukraine oder Moldawien aus stehen kein Visa-Antrag oder ähnliche Formalitäten im Wege. Ein Besuch in Tiraspol lohnt sich bereits für einen Tag. Besucher sollten unbedingt die regionalen Brandy- und Cognac-Sorten, die international einen hervorragenden Ruf genießen, probieren. Ein besonderes Highlight für einen Besuch in Tiraspol sind die Volksfeiertage am 23. Februar, 9. Mai und der Unabhängigkeitstag am 2. September, die mit großen Militärparaden und Feierlichkeiten begangen werden. Hier zeigt sich das kleine Land von seiner typisch freundlichen und lebenslustigen Seite.
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