Estland
Eldorado für Kulturfans und Naturliebhaber
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Zwischen idyllischen Wäldern und Wiesenlandschaften, unweit von Vilnius liegt eine kleine Ortschaft, in dessen unmittelbarer Nähe sich eine der bedeutendsten archäologischen Fundstätten des Baltikums befindet. Als die erste Hauptstadt Litauens blickt das historische Kernave auf eine lange Geschichte zurück, die bis ins frühe Mittelalter zurückreicht. Besucher erwartet in dem Kulturreservat Kernave mitten im ursprünglichen Pajauta-Tal ein faszinierender Hügelkomplex, in dem die Spuren der langen Vergangenheit Litauens auf eindrucksvolle Weise lebendig werden.
Kernave blickt aufgrund seiner günstigen Lage an den Ufern des Flusses Neris auf eine Geschichte der Besiedlung zurück. Bereits im 4. Jahrhundert errichteten die Menschen hier eine befestigte Stadt, die kontinuierlich erweitert wurde. Von diesen frühen Besiedlungen zeugt in Kernave heute noch der älteste Megrinda von ganz Litauen, ein hölzerner, zu Verteidigungszwecken angelegter Unterwasserweg. Bedeutsam war Kernave vor allem im 12. und 13. Jahrhundert, als die einstige Hauptstadt Litauens von fünf Wehrburgen verteidigt wurde und, wie aktuelle archäologische Untersuchungen ergaben, als das wirtschaftliche und politische Zentrum des damals noch jungen und sich in der Entwicklung befindlichen litauischen Staates fungierte. Die Wissenschaftler nehmen an, dass Kernave bis zum 13. Jahrhundert eine stattliche Ausdehnung angenommen haben muss.
Die fünf Wehrburgen, die die ständig wachsende Siedlung vor Überfällen schützten, wurden auf Schüttbergen errichtet, die bis heute als mit Gras bewachsene Hügellandschaft an die kulturelle Vergangenheit Litauens erinnern. Die ersten schriftlichen Erwähnungen Kernaves als Hauptstadt Litauens sind in der sogenannten Livländischen Chronik zu finden und stammen aus dem Jahr 1279. Wenig später, noch im ausgehenden 13. Jahrhundert wurde die überwiegend aus Holz gebaute Stadt trotz der für die damalige Zeit imposanten Wehrburgen von Rittern des Deutschen Ordens belagert, in weiterer Folge geplündert und im Jahr 1390 nach einem viele Jahre dauernden Bürgerkrieg schließlich durch einen verheerenden Brand vollständig zerstört.
Die Menschen, die Kernave im 14. Jahrhundert besiedelten, verließen die zerstörte Stadt und zogen sich in ein höher gelegenes Gelände zurück, wo sie eine neue Siedlung gründeten. Die Überreste der ehemaligen Stadt und der Wehrburgen auf den Hügeln wurden im Laufe der Jahrhunderte allmählich von den Sedimentablagerungen des nahen Flusses begraben.
Das historische Kernave spielt in der Entstehungsgeschichte des Staates Litauen und seiner kulturellen Identität eine zentrale Rolle und ist daher Gegenstand einer unermüdlichen archäologischen Forschungsarbeit. Unter den Sedimentablagerungen des Flusses gelang es den Wissenschaftlern, viele bedeutende Fundstücke sicherzustellen, um die kulturelle Vergangenheit Kernaves und damit ganz Litauens rekonstruieren zu können.
Nicht nur die fünf eindrucksvollen Burghügel, sondern auch die unzähligen Überreste der Gebäude und Kulturgüter sind heute wichtige Zeugnisse von den Bräuchen und Sitten der Menschen, die Litauen im Mittelalter besiedelten und die Identität des Staates maßgeblich prägten. Aus diesem Grund erhielt das gesamte Gelände der Ausgrabungsstätte Kernave im Jahr 1989 den Status eines staatlichen Kulturreservates und wurde 2004 in die Liste des Weltkulturerbes der UNESCO aufgenommen.
Auf dieser Reise nach Vilnius präsentieren wir Ihnen die zahlreichen historischen Sehenswürdigkeiten der litauischen Hauptstadt, aber auch sehenswerte Orte im Umland.
Neben einer reichen, einzigartigen Vergangenheit ist es vor allem die Unberührtheit und Stille der Landschaft, die Reisen nach Litauen so eindrucksvoll und erholsam machen.
Auch wenn heute nur mehr die fünf eindrucksvollen Burghügel, auf denen einst die Befestigungsanlagen standen, von der ersten Hauptstadt Litauens übrig sind, ist der Ort für Menschen, die sich für die frühe Geschichte des Landes interessieren, ein wahres Paradies. Das im Kulturreservat Kernave befindliche Archäologische Museum, das im Jahr 1928 eröffnet wurde, beherbergt eine eindrucksvolle Sammlung all jener Gegenstände, die im Zuge der Ausgrabungen sichergestellt wurden. Die Exponate zeichnen die Entwicklung der Besiedelung vom 9. vorchristlichen Jahrtausend bis zum 18. Jahrhundert nach und umfassen daher alle Epochen der litauischen Geschichte.
Der Hauptteil der Dauerausstellung widmet sich jedoch der Zeit zwischen dem 12. und 14. Jahrhundert, also jener Blütezeit, bevor Kernave in die Hände der Kreuzritter fiel und zerstört wurde. Weitere Teile der Ausstellung befassen sich mit der späteren Geschichte der Ortschaft Kernave und zeigen verschiedene Gegenstände, die aus der gesamten Region stammen und die Lebensweise und Volkskunst der Menschen vom 15. bis 20. Jahrhunderts vorstellen. Besonders eindrucksvoll ist die numismatische Sammlung des Museums, die die frühesten Silbergüsse Litauens und andere, in Kernave und der Umgebung ausgegrabene Münzen umfasst.
Eine fotografische Sammlung dokumentiert die unermüdliche Arbeit der Archäologen, die in Kernave seit Jahrzehnten arbeiten und die litauische Geschichte lebendig werden lassen.
Die fünf Burghügel, die das Landschaftsbild des Kulturreservats Kernave prägen, strahlen eine magische Atmosphäre aus und sind ein beliebter Anziehungspunkt für Touristen aus der ganzen Welt. Besonders eindrucksvoll ist der größte der fünf Schüttberge, den die Litauer "Thron des Mindaugas" nennen, denn von hier aus soll der sagenumworbene Großfürst einst regiert haben.
Mindaugas wird in Litauen heute als Nationalheld verehrt, da er im 13. Jahrhundert durch Papst Innozenz IV. zum ersten König des Landes gekrönt wurde. Ebenso bedeutsam für die Geschichte Litauens ist der sogenannte "Opferberg", auf dem der letzte heidnische Oberpriester seine Zeremonien abgehalten haben soll, bevor die Litauer zum Christentum bekehrt wurden. In diesem Zusammenhang ist auch der dritte Hügel, der "Berg des Lizdeika" nennenswert, denn auf diesen soll sich der Seher Lizdeika mit dem heiligen Feuer zurückgezogen haben, um die Träume der Menschen zu deuten und ihnen Unterweisungen zu geben.
Neben den fünf Burghügeln ist in Kernave auch die charakteristisch karminrote Kirche sehenswert, die im Jahr 1920 neben den ausgegrabenen Fundamenten der im 14. Jahrhundert zerstörten Kirche errichtet wurde. Die neue Kirche beherbergt wertvolle Skulpturen, Gemälde und die ursprüngliche Glocke. Ganz in ihrer Nähe befinden sich einige Gräber aus dem 15. Jahrhundert sowie die hölzerne Kapelle, die aus dem 13. Jahrhundert stammt und heute ein kleines Reliquienmuseum beherbergt.
Die faszinierende Geschichte der Region können Besucher auch im Rahmen eines einzigartigen historischen Festivals erleben.Kernave zieht jedes Jahr Anfang Juli unzählige Menschen aus dem In- und Ausland an, wenn im Kulturreservat die "Tage der lebendigen Archäologie" stattfinden. Um den 6. Juli, den Krönungstag des Nationalhelden Mindaugas werden zahlreiche archäologisch geführte Expeditionen veranstaltet. Der historische Ort verwandelt sich in eine mittelalterliche Stadt, die den Besuchern die Lebensweise und Bräuche der Siedler veranschaulicht und die kulturelle Identität des frühen Litauens näherbringt.
Das Kulturreservat Kernave liegt nur etwa 35 Kilometer von der heutigen Hauptstadt Vilnius entfernt und bietet sich daher als ideales Ziel für einen Tagesausflug an. Alleine die prachtvollen Ausblicke über die malerische Neris, die sich durch die endlos wirkende grüne Landschaft schlängelt, machen einen Besuch in Kernave unvergesslich. An diesem geschichtsträchtigen Ort lässt sich die Schönheit Litauens von seiner weitgehend unberührten und romantischen Seite erleben, während die abwechslungsreiche Geschichte des Landes bei einem Spaziergang auf den fünf einstigen Burghügeln lebendig wird.
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