Shkodra

Historische Stadt mit vielen Gesichtern

Über 1.600 Jahre Geschichte treffen vor den Mauern der Burg Rozafa aufeinander. Hier, in Shkodra vermischt sich die nordalbanische Kultur mit den Einflüssen Montenegros. Nur 34 Kilometer von der Grenze entfernt befindet sich das Herz des albanischen Nordens. Shkodra gilt als eines der wichtigsten historischen Erben der Region und ist für sich genommen bereits eine Reise wert.

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Stadt am Fuße der Festung Rozafa

Diese Stadt hat viele Namen. Shkodra, Shkodër (albanisch), Skadar (serbisch), Iskodra (türkisch) oder Scutari (italienisch) ist die lebendige Hauptstadt des Qarks Shkodra, einem von zwölf Gebieten Albaniens. Direkt am Ufer des großen Skutarisees und dreier Flussmündungen gelegen, war die Gegend schon immer ein Treffpunkt der Kulturen.

Zwischen Kir, Drin und Buna entstand bereits 2.000 vor Christus eine Siedlung der Bronzezeit. Ab dem 4. Jahrhundert vor Christus siedelten hier die illyrischen Labeaten. Die erste Festung Rozafa entstand. Sie sollte noch bis 1913 als wichtiger militärischer Standort genutzt werden und hält auch heute den Einflüssen der Zeit stand. Über die Jahrhunderte wurde die Burg durch die Römer, Ottomanen und Montenegriner erweitert.

Die düstere Gründungssage von Rozafa

Wer die Festung ursprünglich erbaute, bleibt derweil jedoch im Dunklen. Es dürften die Illyrer selbst gewesen sein, die von hieraus ihr Reich regierten. Erhalten sind Überlieferungen der Könige Agron und Genthios und Königin Teuta. Der Sage nach errichteten drei Brüder die ersten Mauern der Burg, doch sie stürzten über Nacht immer wieder ein. Ein alter Mann riet ihnen, eine Frau lebendig einzumauern, die dem entstehenden Schloss eine Seele geben würde. Dann würden die Mauern der Burg alle Zeiten überdauern.

Die Brüder konnten sich jedoch nicht einig werden, welche ihrer Ehefrauen das Opfer bringen würden und so kamen sie überein, dass diejenige die ihnen am nächsten Mittag das Essen brächte, eingemauert würde. Die beiden älteren Brüder betrogen den jüngsten und weihten ihre Frauen ein.

So erschien Rozafa, die Frau des jüngsten Bruders. Als sie von ihrem Schicksal erfuhr, bat sie, einen Arm, ein Bein und eine Brust nicht mit einzumauern so dass sie ihrem Kind die Brust geben, es wiegen und streicheln könne. Im Burgmuseum findet sich heute eine eindrucksvolle Statue, die diese Szene abbildet.

Moderne zwischen den historischen Epochen

Von Rozafa aus blicken Besucher heute auf eine moderne Kleinstadt mit rund 112.000 Einwohnern (Stand 2011). Shkodra verbindet Muslime und Christen auf einzigartige Art und Weise. Das Stadtbild ist geprägt von Kirchen wie der Orthodoxen Kirche mit ihren vielen Türmen einerseits und der Xhamia Ebu Beker, der Ebu Bekër Moschee, andererseits. Vieles an der Stadt erinnert zudem an die Sowjetära. Neben den kommunistischen Wohnblöcken und dem kommunistischen Kämpferdenkmal im Herzen der Stadt hat jedoch auch der Nationalismus hier seine Spuren hinterlassen. Davon zeugt beispielsweise die große Statue von Isa Boletini, einem albanischen Nationalisten, der zu Beginn des 20ten Jahrhunderts gegen die Türken und Serben in den Kampf zog.

Wer eine Reise nach Shkodra antritt, sollte sich die belebte Geschichte der Region nicht entgehen lassen. Nach den Illyrern, Römern und Osmanen gründeten hier die Jesuiten unterstützt durch Österreich-Ungarn ein katholisch-theologisches Gymnasium. Sie zielten darauf ab, den muslimischen Einfluss auf die Region zu mindern. So erstarkte die Rilindja, die albanische Nationalbewegung in Shkodra. Im Balkankrieg 1912 bis 1913 beanspruchte Montenegro und die serbische Seite Shkodra und hielt die Stadt bis dicht an den Ersten Weltkrieg heran besetzt. Auch der Zweite Weltkrieg veränderte das Leben in Nordalbanien nachhaltig. 1990 dann ging der Aufstand gegen die kommunistische Diktatur von Shkodra aus. Das historische Museum hält Dokumente und Zeugnisse all dieser Etappen bereit.

Die Altstadt Shkodras und ihre Bewohner

Eine Reise nach Shkodra ist nicht ausschließlich für Geschichtsinteressierte ein spannender Besuch auf einer Art Grenze zwischen westlichen und muslimischen Traditionen. Zu Konflikten kommt es hier nur selten. Die Einwohner der Stadt mit der wechselhaften Geschichte leben in religiös gemischten Familien und sehen der Zukunft der Region entspannt entgegen. Das sorgt für ein sehr ruhiges, geradezu verträumtes Stadtklima. Die gemütlichen Basare und Fußgängerzonen lassen vergessen, dass die Adria doch noch rund 20 Kilometer entfernt liegt. Ateliers überall in Nebengassen laden zum Entdecken regionaler Kunst ein. Dabei beschränken sich die jungen und älteren Künstler Shkodras nicht nur auf die grüne Landschaft ringsum, sondern auch mit den politischen Entwicklungen Albaniens.

Der Verkehr innerhalb der Stadt ist durch die niedrige Einwohnerzahl auch zur Rushhour gut nutzbar. Fußgänger, Fahrradfahrer und Autofahrer koexistieren hier. Bei einer Reise können Urlauber sich daher sowohl zu Fuß, als auch auf dem Rad oder mit dem Mietwagen bewegen. Die Stadt ist klein genug, um sie ohne eigenes Fahrzeug zu erkunden, doch wer auf der Reise auch das Umland erkunden möchte, sollte sich für einen PKW entscheiden.

Beeindruckende Landschaft rund um Shkodra

Die Weitläufigkeit beginnt bereits hinter den Mauern von Rozafa. Doch als Standort für viele Ausflüge im Laufe der Reiseeignet sich Shkodra schon dank seiner günstigen Übernachtungsmöglichkeiten. Im eher armen Albanien sind Hotelpreise von 20 Euro pro Nacht keine Seltenheit. Der Komfort steht dabei nicht immer hinten an, häufig wirken die alten Plattenbauten und kommunistischen Gebäude lediglich von außen trostlos. Zu sehen gibt es in und um die Stadt herum genug für mindestens eine Woche.

Da ist zum einen der Skutarisee. Neben dem Gardasee ist er der größte See Südeuropas und wirkt vom Ufer aus eher wie ein Meer. Badestellen überall lassen sich vor allem im Sommer ideal nutzen. Von den Hügeln der Umgebung ergeben See und Flussmündung wunderschöne Fotomotive. Technikinteressierten Reisenden sei der Einsatz einer Kameradrohne empfohlen. So lässt sich die ganze Schönheit der grünen Landschaft und des türkisblauen Wassers einfangen.

Etwa dreißig Kilometer östlich der Stadt liegt der Koman-Stausee. Dieses künstlich geschaffene Refugium kann über eine Fährfahrt erkundet werden und bietet ebenfalls tolle Motive. Im Norden der Stadt findet sich mit der Ura e Mesit, der Brücke von Mes ein kleineres, aber dafür architektonisch aufregendes Ausflugsziel. Die ottomanische Bogenbrücke wurde wahrscheinlich zu Ende des 18. Jahrhunderts von Pascha Mehmed Bushati erbaut. Archäologen vermuten, dass bereits im 15. Jahrhundert eine venezianische Brücke den Kir an dieser Stelle überspannte und die Bogenbrücke auf die Mauern aufgesetzt wurde.

Kulinarische Entdeckungen

Zu einer angenehmen Reise gehört immer auch ein kulinarischer Höhepunkt. In Shkodra lässt sich die ganze Bandbreite der albanischen Küche kennenlernen. Durch die Einflüsse aus allen Regionen Südeuropas ist die italienische Küche hier ebenso zuhause wie serbisch fleischlastige Spezialitäten. Wer Nordalbanien über Grillspezialitäten und mediterrane Gerichte kennenlernen möchte, ist bei der Tradita Geg & Tosk oder dem etwas teureren Restaurant Elita Shkoder richtig. Doch auch an der Straße gibt es überall Byrek / Börek, Pide, gegrilltes Fleisch und frischen Fisch zu kaufen. Baklava gibt es dank der türkischen Kultureinflüsse in Hülle und Fülle zu kaufen, ebenso wie traditionelle albanische Gebäcke mit Nüssen und Feigen. Die günstigen Snacks können bedenkenlos an der Straße gekauft und verzehrt werden.

Spannende Ausflugsziele in und um Shkodra

Für Besucher hält die Stadt viele historische, moderne und ausgefallene Sehenswürdigkeiten bereit. Sie lassen sich bei einem Tagesbesuch entdecken, oder in eine längere Reise in der Region ideal als Ziele einbinden.

Bergmassiv und Aussichtspunkte

Für Bergwanderungen eignet sich die Landschaft rund um die malerische Stadt ideal und bietet dabei viele tolle Aussichtspunkte. Der Theth Nationalpark hält einige der schönsten davon bereit. Nahezu unberührte Natur und die Gipfel des Radohima und Arapi, der Grunas Canyon und Wasserfall und zahlreiche betretbare und ungesicherte Höhlen machen den Besuch zu einem Erlebnis. Auch im Winter ist diese Gegend ein kleines Paradies wie aus mittelalterlichen Sagen.

Historische Stätten

Die beeindruckende Schlossanlage von Rozafa ist nur eine von vielen historischen Stätten, über die sich Land und Geschichte kennenlernen lassen. Die Kulla von Theth ist ebenfalls ein spannender Ort. Hierhin zogen sich von Blutrache bedrohte Männer aller Schichten in den Schutz der Berge zurück.

Das albanische Gewohnheitsrecht, auch Kanun genannt, entstand durch die geografische Abschottung von äußeren Einflüssen, das in die vorrömische Zeit zurückgeht. Es regelte das Zusammenleben der Sippen, Familien und verschiedenen Gegenden.

Rund um Shkodra galt das Kanun des Lekë Dukagjini. Mehr darüber erfahren Reisende auch im Heimatkundemuseum der Stadt. In der Site of Witness and Memory, also einer Art Gedenk- und Zeitgeschichtenstätte, hält Shkodra seine politische Geschichte fest. Ein großer Teil der Ausstellung beschäftigt sich mit den Schattenseiten des kommunistischen Erbe.

Sehenswürdigkeiten in Shkodra

Auf der Rruga Kole Idromeno spielt sich das Innenstadtleben ab. Sie bildet das historische Stadtzentrum. Hier wo früher Basare und Märkte lagen, wurde eine liebevolle Kleinstadt-Atmosphäre zum Shoppen und Genießen restauriert. Einige Seitenstraßen mit Basaren blieben bestehen. Direkt hinter der großen Ebu Bekr Moschee findet sich die Statue der Mutter Teresa. Die Bevölkerung der Stadt liebt und ehrt diese Statue, meist ist sie von Blumen umringt. Mutter Teresa wird hier als demütige Frau dargestellt, die still über die Menschen wacht. Im Jahr 2003 heiliggesprochen gilt sie für ihr Lebenswerk als eine der beliebtesten Töchter Albaniens.

Reise nach Shkodra planen

Eine Reise nach Shkodra lohnt sich als Tagesausflug für wenige Stunden, um Stadt und Flair zu genießen, oder mit Touren durch die natürliche Schönheit der Region für ein oder zwei Wochen. Albanien bietet das ganze Jahr über viele kulturelle Höhepunkte. Wer sich auf den Kontakt mit den Menschen einlässt, lernt hier im Norden einige der freundlichsten und offensten Albaner kennen.

Bei der Planung sollten Urlauber auch einberechnen, dass die Bar- und Restaurantpreise aufgrund des begrenzten Tourismus oft etwas höher angesetzt sind. Die günstige Unterbringung und niedrigpreisigen Tickets zum Eintritt in Museen und Sehenswürdigkeiten gleichen diesen kleinen Makel jedoch aus.

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