Ukraine
Unterwegs im zweitgrößten Land Europas
Städte & Regionen
Eine Reise nach Lublin ist ein Erlebnis der ganz besonderen Art. Die Geschichte dieser facettenreichen Stadt, ihre politische Bedeutung und Bevölkerungsentwicklung machen sie zu einem rundum interessanten Reiseziel.
Wie schon zu früheren Zeiten ist Lublin auch heute eine kulturelle Hochburg, in der es viele Sehenswürdigkeiten zu entdecken gibt. Aufgrund der fünf Universitäten zieht es natürlich viele junge Menschen in die von Internationalität geprägte Stadt an der Weichsel und wird daher gerne auch als das Oxford des Ostens bezeichnet. Von Museumsbesuchen bis zum Nachtleben erleben Touristen Lublin als eine Stadt der Toleranz und außerordentlichen Gastfreundschaft.
Sie begegnen zahlreichen historischen Stätten, die Zeugen einer wahrhaft bewegenden Geschichte sind. Lublin ist daher mehr als eine Reise wert. Als europäische Großstadt macht sie neugierig auf Erkundungen und Entdeckungen und auf den Esprit einer vielschichtigen Gesellschaft, die das tägliche Leben dort auf wundersame Weise prägt.
Polen setzt sich aus 16 Woiwodschaften zusammen, die als Regierungsbezirke mit den einzelnen Bundesländern in Deutschland zu vergleichen sind. Lublin ist Hauptstadt seiner gleichnamigen Woiwodschaft und die neuntgrößte Stadt Polens. Erste Ansiedlungen gab es bereits vor 5000 Jahren, wie archäologische Funde nachweisen.
Die eigentliche Stadtgeschichte begann jedoch im 12. Jahrhundert mit dem Bau einer prunkvollen Burg. 1569 wurde dort die Lubliner Union zwischen Polen und Litauen geschlossen. Nach einer kurzen Zugehörigkeit zu Österreich gehörte Lublin schließlich seit 1815 zum Königreich Polen.
Mit Beginn des 2. Weltkrieges wurde Mitte September 1939 Lublin von deutschen Soldaten besetzt. Im Stadtteil Majdanek errichtete die SS ein Konzentrationslager, in dem unzählige Menschen brutal ermordet wurden. Über 500 Jahre alte jüdische Traditionen wurden durch die Machthaber des Dritten Reiches damit vernichtet.
Die besondere Mischung westlicher und östlicher Einflüsse und das harmonische Zusammenleben von Katholiken, Anhängern der russisch-orthodoxen Kirche und Juden fand damit ein vorläufiges, schreckliches Ende.
Das Grodzka-Tor bildet einen imposanten Eintritt in die wunderschöne, historische Altstadt Lublins. Da es früher das christliche und jüdische Viertel miteinander verband, trug es einst den Namen Jüdisches Tor. Im Herzen der Altstadt steht das Rathaus Lublin, das aus den Anfängen des 20. Jahrhunderts stammt. Einst war dort das Königliche Krontribunal untergebracht. Dokumente über diese Zeit sind heute im Kellergeschoss des Rathauses zu besichtigen.
Die Altstadt spiegelt das multikulturelle Leben Menschen vieler unterschiedlicher Nationen wider. Entsprechend vielfältig sind die prachtvollen Architekturstile der Häuser, die sehr liebevoll restauriert wurden und mit ihren zahlreichen Restaurants zum Verweilen einladen.
Die gewaltige, prächtig ausgeschmückte Erzkathedrale mit zu den schönsten Bauwerken der Altstadt. Als ursprüngliche Jesuitenkirche im Stil der Spätrenaissance, präsentiert sie sich heute im Barockstil mit faszinierenden Wand- und Deckenmalereien des königlichen Hofmalers Josef Mayer. Die Kathedrale erhielt 1627 den Trinitarierturm als Glockenturm über dem Eingang zum Jesuitenkolleg. 207 Stufen führen zu seiner Aussichtsterrasse, von wo aus ein herrlicher Panoramablick zu genießen ist. Im Inneren des Turms befindet sich das Erzbischöfliche Diözesanmuseum mit wunderschönen sakralen Skulpturen. Nach ihrer Zerstörung während des Krieges wurde sie neu aufgebaut, bewahrt eine Schatzkammer und Krypta, in der die sterblichen Überreste mehrerer bedeutender Lubliner Erzbischöfe aufgebahrt sind.
Die Erzkathedrale ist berühmt für ihre Flüstersakristei. Schon ein leises Flüstern ist auf der gegenüberliegenden Seite zu hören. Mit diesen geheimnisumwobenen Eigenschaften ist sie einer der bekanntesten touristischen Anziehungspunkte.
Im Westen erreicht man durch das Krakauer Tor die Altstadt. Es war Mitte des 14. Jahrhunderts Teil einer Befestigungsanlage und beherbergt heute das Museum zur Stadtgeschichte Lublins.
Direkt gegenüber der Altstadt befindet sich das Lubliner Schloss. Zu Beginn des 12. Jahrhunderts wurde es einst von König Kasimir II. erbaut. Leider sind nur noch der romanische Turm und die gotische Kapelle erhalten geblieben. Das Schloss selbst ist heute ein neugotischer Neubau, in dem das Stadtmuseum untergebracht ist.
Wie stark jüdisches Leben in Lublin vertreten war, lässt sich in der Synagoge Chachmei Lublin Jeschiwa erkennen. Hier lebte und wirkte der Rabbiner Joel Serkes (1561 - 1640). In dieser Synagoge war einst die größte Talmudschule der Welt untergebracht. Ihr ursprünglicher Standort befand sich in der Lubartowska-Straße Nr. 57. Nach der Zerstörung durch die Nationalsozialisten wurde sie restauriert und ist heute ein wichtiges Bauwerk jüdischer Traditionen, das unter Denkmalschutz steht. Jedoch fielen die meisten der 40.000 Menschen jüdischen Glaubens in Lublin dem Holocaust zum Opfer. Nach dem 2. Weltkrieg wurde die Synagoge zunächst von der medizinischen Akademie genutzt. Seit 2007 ist sie jedoch wieder ein lebendiges Gotteshaus jüdischen Glaubens.
Ein bedeutendes Erbe jüdischen Lebens stellt ferner der Jüdische Friedhof in Lublin dar. Er ist ein Ort der Stille und Besinnung. Hier umringen natürliche Grünflächen markante jüdische Grabstätten. Neben seiner mystischen Schönheit zeugt dieser Friedhof von der Ehrfurcht strenggläubiger Menschen und ihren individuellen Schicksalen.
Nur wenige Kilometer entfernt befindet sich am Stadtrand von Lublin das frühere Konzentrationslager Majdanek. Es war von Februar 1943 bis Juli 1944 ein Ort des Grauens dunkelster deutscher Geschichte. Etwa 80.000 Menschen fanden dort den Tod. Die heutige Gedenkstätte ist ein Mahnmal an die schlimmsten Menschheitsverbrechen der SS. Eine Frau ist besonders jüdischen Bewohnern Lublins in schrecklicher Erinnerung geblieben. Ihr Name war Hermine Braunsteiner, doch berüchtigt wurde sie unter dem Namen "Die Stute von Majdanek". Sie war eine der grausamsten Aufseherinnen des KZ Majdanek. Als Stute von Majdanek wurde sie bezeichnet, weil sie mit ihren mit Eisen beschlagenen Stiefeln häufig und gerne nach den Häftlingen trat. Auch das Schlagen mit einer Peitsche zählte zu ihren brutalen Foltermethoden.
Der inmitten des Krieges am 04. Juni 1943 in Lublin geborene Salomon Korn überlebte die Greueltaten der Deutschen wie durch ein Wunder und ist heute Vorsitzender der jüdischen Gemeinde in Frankfurt am Main.
Die verstorbenen Politiker Boleslaw Bierut (1892 - 1956) und Leo Zuckermann gingen in Lublins Stadtgeschichte ein. Zur Nachkriegsgeneration zählt der berühmte jüdische Komponist Jerzy Kornowicz. Er wurde 1959 in Lublin geboren und trägt durch seine zahlreichen Werke maßgeblich zum Erhalt kulturellen jüdischen Lebens bei.
Eine Reise nach Lublin verbindet Geschichte mit Kultur ebenso wie alte Traditionen mit einem neuzeitlichen Flair. Die Stadt ist ein religiöses Zentrum von Christen und Juden, das sich als Vorbild für ein harmonisches Zusammenleben repräsentiert. Mit ihren unterschiedlichen Universitäten ist sie gleichzeitig Anziehungspunkt für internationale junge Menschen.
Lublin ist ein moderner Bildungsstandort und eine Stadt, in der sich dramatische historische Ereignisse abspielten. All dies macht Lublin zu einem überaus interessanten Reiseziel, das architektonische Meisterwerke mit geistigem Wissen, Kultur und einem mediterranen Flair vereint.
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