Ukraine
Unterwegs im zweitgrößten Land Europas
Halbinsel Krim
Seit der Antike wird Wein auf der Krim angebaut. Die Tradition des Weinanbaus, wie wir sie heute kennen, wurde auf der Schwarzmeer-Halbinsel jedoch erst im 19. Jahrhundert eingeführt.
Zu dieser Zeit ließ der Prinz Michail Semjonovitsch Woronzow, der damalige Gouverneur des Departments Noworossijsk und zugleich großer Weinliebhaber, Weinstöcke in seinem Landgut bei Alupka anpflanzen und gründete so das erste Weingut der Krim.
Im Jahre 1928 gründete er in Magaratsch (Magaratch - auf Ukrainisch "Quelle") in der Nähe des botanischen Gartens von Nikita eine staatliche experimentelle Einrichtung. Dort sollten verschiedene Methoden zur Verbesserung der Weinbaugebiete und der Weinbautechnik untersucht werden, um die massive Anpflanzung der besten Weinsorten in der Region zu ermöglichen. 4000 Rebstöcke der Sorten Grauburgunder, Petit Verdot, Gros Verdot, Malbec und Merlot wurden auf einer Fläche von 6 Desjatinen (circa 43 ha) gepflanzt.
Der Franzose Francois Gasquet und sein Assistent Anastansij Serbulenko sind die ersten Wissenschaftler, die sich auf Woronzows (Vorontsov) Wunsch in Magaratsch niederließen. Sie hatten die Aufgabe, einen Wein zu produzieren, der zwar gut veraltete, aber nicht unbedingt vom Geschmack her bekannten Weinsorten ähnelte. Woronzow bevorzugte Qualität und befahl, nur die besten Weine beizubehalten. Die anderen sollten sofort nach der Flaschenabfüllung verkauft werden. Drei Jahre nach ihrer Herstellung sollte jede Weinsorte erneut gekostet und analysiert werden, um so ihre optimale Haltbarkeit zu ermitteln. Nur wenige Flaschen der besten Jahrgänge durften im Keller des Weingutes eingelagert werden. So entstand die fabelhafte Sammlung von Magaratsch- Weinen, die heutzutage 21.651 Flaschen von circa 3200 verschiedenen Weinsorten umfasst. In dieser Sammlung befindet sich unter anderem ein Moscato Rosa von 1836, der im Guinnessbuch der Rekorde als der älteste Wein eingetragen ist, der in Russland je produziert und bis heute aufbewahrt wurde.
Die sonnige Krim bietet beste Voraussetzungen für die Herstellung von Beerenauslese und Dessertweine. Dessertweine wie der Muskat, die nur in den Jahren mit besonders günstigen Bedingungen für die Weinherstellung produziert werden durften, erwiesen sich von exzellenter Qualität. Um den Zuckergehalt in den Weintrauben zu steigern, musste jede Traube hochgebunden und die Rebstöcke nach einer speziellen altgriechischen Technik beschnitten werden.
Im Jahre 1871 ließ sich der Chemiker Alexander Salomon im Weingut nieder und gründet ein önologisches Experimentallabor. Die ersten Schüler dieser Einrichtung sind zehn Jungen aus einem Kriegswaisenhaus. Später werden nur höher gebildete Studenten, die hier für 50 Rubel pro Jahr die hohe Kunst der Weinherstellung studieren können. In dieser Einrichtung wurden zahlreiche Spezialisten ausgebildet, die anschließend in privaten Betrieben auf der Halbinsel angestellt werden, was die Verbesserung der Weinbautechnik auf der ganzen Krim ermöglichte.
Der Ruhm des Experimentallabors Magaratsch wurde so groß, dass zu Zeiten der Sowjetunion Filialen in Russland, Moldawien, Weißrussland und an weiteren Orten der der Ukraine gegründet wurden. Berühmt ist auch der Bibliothek des Institutes, die mehr 100.000 Bände zählt. Heute kommen viele Wissenschaftler und Forscher nach Magaratsch, um auf die zahlreichen Dokumente aus den letzten Jahrhunderten zuzugreifen.
Die zweite sowie dritte Generation von Wissenschaftlern in der Experimentiereinrichtung von Magaratsch setzte sich mit der Entwicklung neuer Weinanbautechniken auseinander, die es ermöglichen sollten, die Qualität des Krimweins unabhängiger von den klimatischen Bedingungen zu machen. Weiterhin entwickelten sie die althergebrachten Methoden der Weingewinnung weiter und dies führte zur Herstellung einzigartiger Muskate, Madeira, Sherrys und Portweine, deren Herstellungsablauf bis heute sich kaum verändert hat.
1940 einigten sich Weinbauer und Önologen darauf, hauptsächlich nur noch 8 Traubenarten auf der Krim anzubauen. Bei der endgültigen Wahl der Orte, wo die jeweiligen Traubenarten angebaut werden sollte, wurden verschiedene Faktoren, darunter klimatische Besonderheiten und der Beleuchtung der unterschiedlichen Teile der Halbinsel in Betracht gezogen.
In Koktebel wurde 1879 ebenfalls von einem Weinliebhaber ein Weingut gegründet. Dieser Weinbegeisterte hieß Eduard Andrejewitsch Jungie. Sein Sohn, Alexander Eduardowitsch, begab sich nach Frankreich, Spanien, Italien und Deutschland, um die Techniken der Weinproduktion bei den besten Lehrern zu lernen und so den Weinanbau im familiären Weingut verbessern zu können. Koktebel ist heutzutage für seine hochwertigen Weine und Cognacs (Brandy) bekannt.
Der erste Champagnerkeller wurde 1878 vom Prinzen Lew Golizyn (Lev Golytsin) gegründet, den man heute als "König des russischen Weins" bezeichnet. Der Legende nach durchforschte der Prinz das ganze russische Reich, um einen passenden Ort für seinen Keller zu finden. Seine Wahl fiel schließlich auf die Krim. Das Weingut, das er hier erwarb, taufte er "Novyj Svet" (Neue Welt) in Anlehnung an die Entdeckung Amerikas. Diesem Sektliebhaber lag viel daran, die klassische Methode der Champagnerherstellung, die im 17. Jahrhundert durch den Benediktiner Dom Perigon erfunden wurde, genau zu verwenden.
Diese komplizierte Methode benötigte die Verwendung außergewöhnlichen Rebsorten. In Nowij Svjet wurden die Rebsorten Pinot, Aligoté, Cabernet und Riesling angebaut. Heute ist der Krimsekt weithin bekannt und gefragt.
In einem besonders geschützten kleinen Tal des Weingutes Nowij Swjet wurden die sogenannten "Krönungsreben" angebaut, aus welchen wurde der Krimwein produziert, der 1896 am offiziellen Tisch anlässlich der Feierlichkeiten zur Krönung vom Nikolaus II serviert wurde. Dieser "Paradisio"-Wein gewann den berühmten "Grand Prix de la Coupe" bei der Pariser Weltausstellung im Jahre 1900.
In der Nähe von Sudak und Koktebel befindet sich ein geschütztes Tal, das sogenannte "Sonnental", wo die besonders guten Klimabedingungen die Anpflanzung von delikaten Rebsorten ermöglichen. Heutzutage ist das Sonnental für seine Beerenauslesen bekannt. Der Gründer des Kellers "Arkhadesse" in diesem Tal war Prinz Lew Golizyn. Der Keller von Novij Svjet wurde zum Vorbild für weitere Keller in der Region, wie zum Beispiel in Massandra. Im Sonnental kann man noch heute sehr alte und einzigartige Rebsorten finden, wie zum Beispiel die Rebsorte "Ekim kara", aus welcher der berühmte Wein "Tchjornyj Doktor" (Schwarzer Doktor) hergestellt wird, sowie die Rebsorten Dzhevat Kara, Kefessia und Kok Pandas.
Im Jahre 1892 kaufte der Prinz Lew Golizyn einige Desjatinen Land in der Nähe des Dorfes Massandra an der Südküste der Krim. Golizyn wollte hier einen riesigen Champagnerkeller einrichten lassen. Der Aufbau des Kellers dauerte 5 Jahre. In diesem Keller konnten 250 000 Dekaliter Wein im Fass sowie 1.000.000 Flaschen eingelagert werden. Jedes Jahr im August wurde dort eine große Weinmesse organisiert. 1898 besichtigte der Zar Nikolaus II diese Messe und reservierte von da an den besten Wein von Massandra für seinen persönlichen Tisch und seinen Hof. Die in Massandra hergestellten Weine, unter anderem Portweine, Sherrys und Madeira Weine sind bis heute sehr berühmt.
Zur Zeit der Sowjetunion wurden viele Weingüter in Kolchosen bzw. Sowchosen umgewandelt. Auch wenn heute die Mehrheit der Weingüter auf die Herstellung von Cognacs und schweren Dessertweinen spezialisiert sind, hat doch jedes Weingut seine Besonderheit beibehalten können.
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